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Praxistipps, Beispiele und Empfehlungen

Im zweiten Teil unseres Leitfadens für eine gendersensible und diskriminierungsfreie Sprache im DRK Münster finden Sie konkrete Tipps und Ideen für die Umsetzung im Alltag des DRK Münster:

1. Gendersensible Sprache

Gendersensible Sprache bedeutet: Wir respektieren alle Menschen mit ihrer Identität und bringen das durch unsere Sprache zum Ausdruck.

Neutrale Formulierungen und Gerndersternchen

Idealerweise nutzen wir neutrale Formulierungen, bei denen sich alle angesprochen fühlen. Statt „Mitarbeiter*innen“ oder „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ nutzen wir beispielsweise den Begriff „Mitarbeitende“. Die Formulierungen mit Gendersternchen sollten nur als zweite Option zum Einsatz kommen.

In den folgenden Aufklappelementen finden Sie Beispiele für hilfreiche Formulierungen und Begriffe, die Ihnen die Nutzung gendersensibler Sprache im Alltag erleichtern können. Durch einen Klick auf die Aufklappelemente können Sie diese öffnen.

 

Doppelnennungen

Doppelnennungen – also die Verwendung der weiblichen und männlichen Form, beispielsweise "liebe Kolleginnen und Kollegen" – nutzen wir nur, wenn neutrale Formulierungen oder das Gendersternchen zu Verständnisproblemen führen.

Sofern es kein Verständnisproblem gibt, wird die gendersensible Sprache konsequent genutzt!

 

Sollte es im Team Diskussions- oder Redebedarf geben, so wird offen darüber gesprochen. Wichtig dabei: Wir belehren unsere Mitmenschen nicht, können solche Situationen jedoch als Gesprächsanlass zu unseren Werten und unserer Motivation für gendersensible Sprache nutzen.

 

Ausnahmen

Im Folgenden finden Sie einige Beispiele und Praxissituationen, in denen Doppelnennungen sinnvoll und vertretbar sein können:

 

  • Ausnahme: Zeitkritische Gespräche

    In zeitkritischen Gesprächen, beispielsweise im Einsatz im Rettungsdienst oder in Beratungssituationen, bei denen die Ratsuchenden unter großem Stress stehen, kann der Verzicht auf gendersensible Sprache angebracht sein.

    Wenn auch die Doppelnennung unter Zeitdruck zu einer sprachlichen Hürde wird, ist der temporäre Verzicht auf diese Formulierung sinnvoll. Dies gilt vorrangig in Notfallsituationen, wie sie bei Rettungseinsätzen oft der Fall sind.

  • Ausnahme: Gendersensible Sprache ist ungewohnt oder unbekannt

    In verschiedenen Arbeitsbereichen kommunizieren wir mit Menschen, denen der Grundsatz der gendersensiblen Sprache fremd ist. Dies kann beispielsweise bei älteren Menschen der Fall sein, die ohne Sensibilisierung für das Thema aufgewachsen sind und sozialisiert wurden.

    Hier kann die Verwendung von Doppelnennungen sinnvoll sein, sollte das gesprochene Gendersternchen zu Verständnisproblemen führen. Die Doppelnennung ist die einfachste Form von genderkonformer Sprache und sollte in jedem Fall als Mindeststandart verwendet werden.

  • Ausnahme: Deutsch ist nicht die Erstsprache der angesprochenen Menschen

    Im Gespräch mit oder in Texten für rat- und hilfesuchende Menschen, deren erstgesprochene Sprache nicht Deutsch ist, kann das gesprochene Gendersternchen zu Verständnisproblemen führen.

    Hier können Doppelnennungen sinnvoll sein, um die Lesbarkeit von Texten zu gewährleisten und die Informationen zugänglich und verständlich zu machen.

  • Ausnahme: Kommunikation mit Menschen mit geistiger Behinderung

    In der Text- und Sprachkommunikation mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder einer geistigen Behinderung kann gendersensible Sprache zur Kommunikationshürde werden.

    Hier ist es legitim, zu Gunsten des besseren Verständnisses auf Formulierungen mit Gendersternchen zu verzichten. Hier sollten Doppelnennungen zum Einsatz kommen, um die Lesbarkeit und Verständlichkeit bestmöglich zu gewährleisten.

2. Diskriminierungsfreie und inklusive Sprache

Diskriminierungsfreie und inklusive Sprache erfordert Offenheit und Reflexionsbereitschaft aller Beteiligten. Es geht darum, die eigenen Sprachbilder, Klischees und Stereotype zu erkennen. Auch wenn eine Formulierung oder eine Redewendung häufig und gewohnheitsmäßig verwendet wird, kann sie auf andere Menschen respektlos, abwertend und aggressiv wirken.

Hier ist nicht die Intention der Aussage entscheidend, sondern ihre wahrgenommene Wirkung. Die Botschaft entsteht bei den Empfangenden, nicht den Absendenden.

In den Ausklappelementen finden Sie Beispiele für weit verbreitete Redewendungen, die das Potenzial zur diskriminierenden Kommunikation haben. Ob sie diskriminierend und abwertend verstanden werden, hängt stark von Kontext, Beziehungsebene und Vorgeschichte der Kommunizierenden ab. urch einen Klick auf die Ausklappelemente können Sie diese öffnen.

  • "Das ist typisch Frau / Mann / Sozialpädagoge / etc."

    Solche Aussagen, wenn auch oft scherzhaft gemeint, reduzieren die angesprochene Personen auf einen Stereotyp oder ein Klischee und werten sie dadurch ab. Hier braucht es keine Alternative, sondern schlicht den Verzicht auf diese Aussagen.

  • "Bei euch ist das ja normal."

    Wenn sich das Wort "euch" auf den kulturellen Hintergrund, das (oft nur angenommene) Heimatland der Person, das Team oder den Arbeitsbereich bezieht, werden diese dadurch klar diskriminiert und auf einen Stereotyp reduziert. Auch auf diese Formulierungen sollte verzichtet werden.

  • "Ich kenne Typen wie dich."

    Solche Aussagen ordnen die angesprochene Person ganz klar einem Stereotyp zu und nehmen sie nicht als Individuum wahr. Sie sind unnötig und sollten vermieden werden.

  • "Das verstehst du nicht, wir machen das schon immer so."

    Folgt auf diesen Satz keine Erklärung, ist die Botschaft eindeutig: Der angesprochene Mensch gehört nicht wirklich zur Gruppe und ist nicht Teil des Teams. Keine gute Basis für Teamzusammenhalt und kollegiales Arbeiten.

  • "Woher wollen Sie das denn wissen?"

    Vielleicht ist die Frage ernst gemeint, meist handelt es sich jedoch um eine rhetorische Frage, die eine klare Botschaft kommuniziert: Die angesprochene Person weiß zu wenig, oder verfügt nicht über die intellektuellen Fähigkeiten, um die Situation zu verstehen. Eine klar abwertende Aussage.

Diskriminierungsfreie und inklusive Sprache bedeutet in der Praxis auch den Verzicht auf unnötige Fachbegriffe. Gerade bei der Gestaltung von Online-Angeboten, Schreiben an Rat- und Hilfesuchende oder in der Kommunikation mit Menschen im Arbeitsalltag sollten möglichst allgemeinverständliche Begriffe verwendet werden. 

Ist das aus fachlichen Gründen nicht möglich, sollten die Begriffe erklärt und so zugänglich gemacht werden.  

Bei der Arbeit mit älteren Menschen und Menschen mit Behinderung sollte zudem darauf geachtet werden, wie alltägliche Sprachbilder und Redewendungen wirken können. Hier gibt es keine absoluten Regeln, die immer und überall gelten.  

Entscheidend ist das empathische und respektvolle Einlassen auf die Menschen, die an der Kommunikation teilnehmen. Im Folgenden haben wir einige Beispiele zusammengestellt, die zur Sensibilisierung und Orientierung dienen können.  

  • "Ja, ja, früher war alles besser."

    Diese oft ironisch gemeinte Aussage kann auf ältere Menschen verletzend und diskriminierend wirken. Ob das der Fall ist, hängt entscheidend von der Situation, dem Tonfall und der Beziehungsebene der Personen ab.

  • "Jetzt stellen Sie sich mal nicht so an."

    Wird diese Aussage gegenüber gebrechlichen oder körperlich behinderten Menschen getätigt, kann sie wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Abhängig von Tonfall und Situation kann es so wirken, als würde der Person mangelnde Motivation und Unwillen unterstellt, statt die realen Grenzen anzuerkennen.

  • "Sind Sie schwer von Begriff?"

    Diese in fast jedem Kontext respektlose Aussage kann beispielsweise auf Menschen mit Demenzerkrankungen oder geistiger Behinderung diskriminierend und verletzend wirken. Die wahrgenommene Botschaft könnte lauten: Sie sind dumm und zurückgeblieben.

  • "Ach, das können Sie ja ohnehin nicht."

    Diese Aussage wäre vermutlich für jeden Menschen problematisch. Für Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen schwingt hier oft eine klare und verletzende Botschaft mit: Sie sind unfähig und, potenziell, eine Belastung.

In der alltäglichen Kommunikation sind es oft kleine, unbedachte Äußerungen, die diskriminierend und ausschließend wirken können. Leicht dahingesagte Sätze, wie beispielsweise "das ist doch klar" oder "das ist idiotensicher, bekommst du auch hin", sind ggf. nicht böse gemeint, können der angesprochenen Person aber das Gefühl vermitteln, unzureichend und begriffsstutzig zu sein.

Idealerweise verzichten wir auf solche Aussagen. Finden sie dennoch statt, nutzen wir sie als Gelegenheit, um miteinander in den Austausch zu gehen. Das kann in der Praxis aus einem ganz kurzen Dialog bestehen, der beispielsweise so ablaufen könnte:

"Das ist idiotensicher, bekommst du hin."
"Und wenn nicht? Bin ich dann ein Idiot?"
"So war das nicht gemeint, tut mir leid."
"Ist in Ordnung, kannst du mir das kurz zeigen bitte?"

Solche Gespräche finden bereits heute jeden Tag statt. Künftig wollen wir das als Anlass nehmen, uns häufiger unserer Sprache und ihrer Wirkung bewusst zu werden.

Unsere Sprache, unsere Werte!

Unsere Sprache vermittelt unsere Werte. Durch sie drücken wir Respekt und Anerkennung gegenüber allen Personen aus. Lassen Sie uns gemeinsam darauf achten. Mit dem Schritt zu einer gendersensiblen und diskriminierungsfreien Sprache wollen wir als DRK Münster unserer Vorbildfunktion gerecht werden.

Lassen Sie uns das gemeinsam in der Praxis umsetzen!
Das DRK Münster.

 

Mehr Tipps und Tricks:

 

Unsere Motivation und die inhaltlichen Grundlagen sind im ersten Teil des Leitfadens auf der folgenden Seite zu finden: